Anschauungsbeispiele: Kraftlinien in München und ihre Bedeutung für das Stadtleben
Text und Fotos von
Gerd-Lothar Reschke
Das von den Wittelsbachern im 18. Jahrhundert angelegte Bezugsnetz bestimmt auch heute noch wesentliche Verbindungslinien und Hauptachsen der Stadt München. Wie das nachfolgende Bild 1 zeigt, stellt Schloß Nymphenburg einen Ausgangspunkt dar, von dem aus drei Achsen nach Osten verlaufen.
Ich werde nun das Gesamtsystem von verschiedenen Perspektiven und Punkten aus untersuchen und auf einzelne Details und Hintergründe eingehen, die jeder interessierte Beobachter vor Ort leicht studieren kann. Es wird dann auch deutlich werden, welche Absichten sich hinter dieser Planung verbergen und mit welchen Mechanismen hier gearbeitet wurde, Mechanismen, die auch heute noch ihre volle Wirkung entfalten und das Stadtleben mit einem reichen Zustrom an Energie versorgen.
Zufluß
Der Kanal, der die gesamten Anlagen von Schloß Nymphenburg versorgt, erhält sein Wasser aus der nordwärts fließenden Würm, die in Dachau auf die Amper trifft. Von der Würm aus gibt es weitere Kanalsysteme nach Dachau und zum Schloß Oberschleißheim; geplant war damals auch ein Kanal von München direkt nach Oberschleißheim, der aber nicht über einen Anfang in München hinauskam.
Bild 2 rechts zeigt den Zufluß durch eine Aussparung in der Schloßmauer von Nymphenburg.
Vom Aspekt der Kraft aus gesehen erhält hier das gesamte System seine Kraftzufuhr; die längs des von Pasing kommenden Kanals aufgebaute Energie trifft hier auf den Zufluß, wird verdichtet und ergießt sich dann über eine reichhaltig gestaltete Kaskade in den langen, aufs Schloß zuführenden großen Kanal.
Wie oft an solchen Stellen zu bemerken, weist auch die Natur die entsprechenden Merkmale auf, mächtige, ca. 100 Jahre alte Bäume säumen beiderseits den Kanal; bei der zweiten, noch außen vor der Sperre befindlichen Baumgruppe findet sich üppiger Mistelbewuchs (siehe Bild 3 rechts).
Das folgende Bild 4 zeigt den Gesamtplan von Schloß Nymphenburg: links der Garten; rechts das Schloß, und daran rechts anschließend das Halbrund des Schloßrondells. Der Garten wurde ursprünglich der damaligen Mode entsprechend in streng geometrischen Mustern als französischer Garten angelegt. Anfang der 19. Jahrhunderts wurde er dann im Auftrag König Ludwigs I. von Friedrich Ludwig von Sckell unter Beibehaltung der geraden Hauptachsen in einen Englischen Garten umgewandelt (sozusagen als Pendant zum bekannten, ebenfalls durch von Sckell veränderten Englischen Garten in der Innenstadt; auch hier gibt es übrigens wie dort einen Monopteros, nämlich im Großen See bei der Badenburg).
Anläßlich der Kaskade möchte ich nun auf die energetische Hintergrundbedeutung der gesamten Planung von Schloß Nymphenburg zu sprechen kommen. Zuerst einmal: Es geht hier, wenn ich nun wieder von Wasser und Wasserkanälen spreche, nicht nur um Wasser als dekoratives Element, als nebensächliche Beigabe. Das mag bei anderen Schlössern zwar der Fall sein (wenn man z.B. an Versailles denkt), aber hier verweist bereits der Name auf eine tiefere Bedeutung, denn Nymphen sind ja Wassergestalten.
Aber der Blick von der Kaskade, genau so wie ein Studium der auf das Schloß zuführenden und dahinter wieder vom Schloß wegführenden Wasserachsen (siehe Karte von Bild 4) macht deutlich, daß das Grundcharakteristikum von Nymphenburg der Durchfluß ist, das Weiterströmen. Betrachtet man den Umgang mit Wasser, wie er hier gehandhabt wird, als Schaffung von Kraft bzw. Energie, und studiert man, wie in diesem Fall Energie von Westen nach Osten sukzessive aufgebaut wird, so könnte man fast an eine Transformations- und Umspanneinrichtung denken.
Dadurch erklärt sich auch die etwas merkwürdige, einem rechteckigen Haus ähnelnde Fassade des Hauptgebäudes. Das Bild zeigt bereits aus großer Ferne drei Torbögen, die scheinbar ins Gebäudefundament und durch dieses hindurch führen. Steht man dann näher vor der Hauptfront, so kann man im darüberliegenden Geschoß sogar komplett durch das Haus hindurchschauen.
Ferner sind die links und rechts an das Hauptgebäude anschließenden Flügel als völlig offene Durchgänge angelegt. Außerdem haben wir, wie der Plan zeigt, südlich und nördlich durchführende Kanäle, die das Wasser ins östliche Schloßrondell leiten. Hier wiederum wird das Wasser zusammengeführt, die Energie gebündelt. Das gesamte Bauwerk ist also keine Querbarriere (wie etwa im Beispiel Versailles), sondern eine Art Schleuse.
Dabei hat die Gartenseite des Schlosses eindeutig weniger Energie als die Stadtseite. Der Kanal wirkt geradezu monoton und ermüdend, man könnte auch sagen abladend. Auch auf den Wandelwegen auf Gartenseite scheint sich die Kraft zu zerstreuen. Tatsache ist hingegen, daß der Hauptakzent auf der Außenseite, beim Rondell liegt. Warum das so ist und welche verborgene Absicht dahintersteckt, darauf werde ich gleich kommen.
Das großzügige und prachtvolle Schloßrondell läßt sich als einzigartiger Kraftplatz bezeichnen. Ein wichtiger Punkt ist dabei die große Hauptfontäne, deren Ort sich auch auf dem Plan von Bild 4 als Zentrum des Rondell-Halbbogens deutlich ausmachen läßt und die durch einen zu dreiviertel geschlossenen, nach Osten hin offenen Umgang betont ist.
Energetisch gesehen kommt hier die Kraft der Schloßanlage zum Vorschein. Das Schloß selbst ist also nur Durchgangsstation.
Nun meine Erklärung hierfür: Die Anlage offenbart einen Ansatz, bei dem die Könige und Herrscher nicht Ziel- und Mittelpunkt der zur Verfügung gestellten Kräfte waren, sondern bei dem es vielmehr darum ging, die mobilisierten Kräfte zur öffentlichen Seite hin weiterzuleiten und dort verfügbar zu machen — also in Richtung Innenstadt, zur Residenz und zur Stadt selbst hin. Und dies geschah entlang der Achse, die durch die Nymphenburger und Brienner Straße gebildet wurde.
Also: Die im Schloß oder an anderen entsprechend hochenergetischen Orten lebenden Regenten waren als Vehikel von Energien ausersehen und hatten diese auszuhalten und durch ihre aktives Tun weiterzuleiten zum Wohle der Allgemeinheit. Das Gesamtkonzept solcher baulichen Anlagen diente dazu, möglichst starke Kräfte wachzurufen und zu bündeln, damit sie entsprechend transformiert und ausgedrückt werden konnten. Es ging demnach nicht um den speziellen Einzelnen oder gar um dessen persönlichen Nutzen, es ging um die Funktion im Rahmen eines größeren Ganzen.
Kraft wird auch durch das im alten Stil erhaltene Pumpwerk der Fontäne erzeugt — zwar könnte man das als vordergründige, rein mechanische Kraft ansehen, aber wie Bild 9 des Pumpwerkes etwas erahnen läßt, funktionieren derartige Konstruktionen der klassischen Mechanik durchaus auch nach subtilen Gesetzmäßigkeiten der sensorischen Wahrnehmung. Der Bach strömt herein und treibt große Schaufelräder an, die wiederum die gewonnene Kraft über Pleuelstangen an mächtige, auf und nieder schwingende Pumpgestänge abgeben — ein eindrucksvolles Erlebnis für jeden, der die Anlage in voller Arbeit betrachten kann!
Einmal wird also auf diese Weise Kraft erzeugt und in der Hauptfontäne hinausgeschleudert, zudem wirkt auch das sehr weitläufige Schloßrondell als Resonanzkörper, in dem markante Gebäude als Ruhezentren dienen und in ihrer Gesamtheit ein eigenartig musikalisches Zusammenspiel ergeben. Der barocke Baustil zeigt sich hier in einer sehr ausgewogenen, anmutigen Ausprägung. Der ganze Platz hat eine Anmutung von Großzügigkeit, Reichtum und Lebensart. (So ist u.a. die renommierte Nymphenburger Porzellanmanufaktur hier beheimatet und kann hohe Umsätze verzeichnen.)
Was die mittlere Kraftachse, den Schloßkanal sowie die daran entlangführenden Straßen Südliche und Nördliche Auffahrtsallee anbetrifft, so kann auch hier von florierendem Stadtleben und gediegenem Reichtum gesprochen werden. Die gesamte Gegend, auch der angrenzende, überaus beliebte Stadtteil Gern (nomen es omen) profitieren von der guten Ausstrahlung des Schlosses, die sich hier merklich entfaltet.
Wie erwähnt führt die nördliche Kraftachse zum Olympiazentrum. Das Bild zeigt den geraden Kanal, kurz bevor er in das 1972 eröffnete Olympiagelände und den dortigen See einmündet. Die Kraft, die sich durch die lineare Ausrichtung sammelt, wird im Bereich des Olympiasees gestaut und auf der kurvig geführten Strecke verstärkt. Man könnte also sagen, daß auch dieses erfolgreiche Sport- und Erholungszentrum von der aus Nymphenburg kommenden Energie profitiert.
Die zweite große Kraftachse führt in symmetrischer Analogie zur nördlichen Seite nach Süden. Es gibt hier einige markante Punkte, an denen sich gut beobachten läßt, daß wir es mit einer vitalen Kraftlinie zu tun haben. Zum einen fallen sofort, bereits am Nordende der Nymphenburger Straße, florierende Ladengeschäfte und Restaurants auf. Darunter verstehe ich u.a. auch, daß Läden alten Stils, die Lebensmittel, Schmuck, Bücher, Wein usw. anbieten, gut existieren können, auch ohne im anonymen Supermarkt-Stil auftreten zu müssen. Das ist in vielen anderen Bereichen einer solchen Großstadt bereits unmöglich geworden. Natürlich erhöht sich durch solche Eindrücke und Dienstleistungen auch die Lebensqualität eines Viertels beträchtlich.
Bekannt und beliebt ist der an der Kraftachse gelegene Rotkreuzplatz, ein weiterer Kraftplatz mit ausgezeichnet florierendem Publikumsinteresse, an dem sich auch ein Springbrunnen befindet. Folgt man der Nymphenburger Straße stadteinwärts, so trifft man auf eine rege soziale und kommerzielle Vielfalt. Passend zu der energetischen Natur dieser Verbindunglinie treffen wir den Sitz des Energieunternehmens e-on an, ebenfalls mit einem gut gepflegten, lebendig sprudelnden Springbrunnen vor dem Gebäude. Als Kraftobjekt wirkt das auf Bild 13 gezeigte Fenster mit starker männlicher Energie, das den Zugang zum Haupteingang interessant akzentuiert.
Weiter unten kommen wir beim Gebäude der Champagnerfirmen Pommery (und anderer) zu weiteren Springbrunnen.
Es folgt der Stiglmairplatz mit Löwenbräu und einigen weiteren im näheren Umkreis gelegenen bekannten Brauereien. (Im weiteren Umkreis ebenfalls zum Thema Wasser-Energie zuzurechnen.)
Der Stiglmairplatz hat leider erheblich an Ausstrahlung verloren; zwei Gebäude weisen besonders scharfe Ausprägungen von Geheimen Pfeilen aus, die bedrohlich auf den Löwenbräu-Keller zielen.
Wir kommen nun zum Königplatz, einem weiteren Kraftplatz und zugleich einem der schönsten Plätze in Deutschland.
Der Springbrunnen, den wir hier Ecke Königplatz/Luisenstraße, vor dem Lenbachhaus antreffen, weist besondere Erlebnisqualitäten auf. Wer sich dem Wasserkreis nähert, schaltet, kurz bevor er naß wird, über eine Lichtschranke am Boden das vor ihm liegende Wassersegment aus und kann in den Kreis eintreten. Wenn er sich innen befindet, schließt der Wasserkreis ihn wieder vollständig ein. Zum Herausgehen muß er wieder bis nahe ans Wasser herantreten, damit sich das Segment ausblendet und ihn wieder freiläßt.
Über die ehemalige NSDAP-Parteizentrale München, Meiserstraße/Königsplatz (heute im linken Gebäude: Musikhochschule und im rechten Gebäude: Zentralinstitut für Kunstgeschichte) habe ich bereits in einem eigenen Beitrag berichtet. Es ist bekannt, daß gerade die Nationalsozialisten sich mit den unterstützenden Eigenschaften von Kraftlinien auseinandergesetzt haben. Dies ist sicher auch der Grund, weshalb sie diese Achse durch eigene Bauten belegten (z.B. auch mit dem im Krieg zerstörten Braunen Haus zwischen Königsplatz und Karolinenplatz) und auch später keine Übersiedlung der Parteizentrale nach Berlin in Erwägung zogen.
Folgen wird weiter der Achse, so gelangen wir zum Karolinenplatz mit seinem markanten Obelisk. Obelisken dienen, energetisch gesehen, der Einspeisung von männlicher Energie aus dem Himmel, und sind oft an Hauptachsen wie dieser zu finden.
Durch die rhythmische Anordnung von Königsplatz, Karolinenplatz, Odeonsplatz und Residenz entsteht auf dieser Etappe der Kraftlinie eine besonders starke Energie, da die Kraft immer wieder verstärkt wird und an den Plätzen und Toren (Propyläen) noch einmal aufgeladen wird.
— Gerd-Lothar Reschke —
10.8.2002
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