Ein sehenswertes, aber leider zunehmend verfallendes Kleinod
Text und alle Fotos von
Gerd-Lothar Reschke
Der Japanische Garten wurde im Münchener Westpark im Rahmen der Internationalen Gartenausstellung 1983 angelegt, gleichzeitig mit dem Chinesischen Garten, dem Thai-Tempel und der nepalesischen Pagode. Er stellt eine Mischung aus Shinto-Stil (Seebühne und zwei Holz-Laternen) mit Zen-Stil dar. Im Zen-Stil sind Wartehäuschen, Umgang, Teehäuschen, Wasserfall und Stein-Laternen gehalten.
Leider kommt die Stadt München, wie mittlerweile fast alle deutschen Städte, zunehmend herunter.
Ehemals saubere und gepflegte Plätze und Lokalitäten verschmutzen. Noch vor ca. 20 Jahren waren die Pflanzen im Japanischen Garten wesentlich kleiner und Teil einer stimmigen Gesamtgestaltung — dieser Eindruck ist durch völliges Verwuchern mittlerweile komplett zerstört. Die ursprüngliche Atmosphäre des Gartens läßt sich kaum noch erahnen. (Immerhin wurde das Wartehäuschen neu gestrichen — aber das ist leider auch das einzige Zeichen von Bemühung um Rettung einer bewahrenswerten Substanz.)
Ein Zen-Garten, bei dem die Proportionen nicht mehr stimmen, ist kein Zen-Garten mehr.
Man muß verstanden haben, worum es bei solchen Gärten geht, aber dazu fehlt der heutigen Stadtverwaltung und den zuständigen Stellen jegliches Verständnis. Wie Gartenproportionen von beschränkten Bürokraten vernichtet werden, läßt sich auch an anderen Münchener Gartenanlagen, z.B. dem Englischen Garten, mit erschreckender Deutlichkeit erkennen.
Zum Konzept der Anlage: Man nähert sich dem Garten über einen Umgang, der den Blick zum Garten absichtlich versperrt. Nur am Beginn des Weges läßt sich ein erster Eindruck der Anlage erhaschen.
Der Umgang ist bewußt karg gehalten und soll dazu beitragen, die Unruhe des Alltagslebens allmählich hinter sich lassen zu können. (Gehrichtung verläuft entgegengesetzt zur Bildaufnahme.)
Das einer Bushaltestelle nicht unähnliche Wartehäuschen dient dem Innehalten und der Besinnung. Man bereitet sich so auf die Begegnung mit dem Garten vor.
Vom Wartehäuschen aus eröffnet sich ein Blick zur Seebühne (Shinto-Stil mit zwei Holzlaternen), und man gewinnt einen ersten Gesamteindruck der Anlage. Im Gegensatz zum Zen ist der Shinto-Stil auf Dekor und manchmal auch auf Prunk orientiert. Man könnte sich z.B. vorstellen, daß auf der Bühne Vorführungen inszeniert werden.
Ein Umgang rechts entlang des Sees, auch wieder durch blickhemmende Anpflanzungen separiert, führt zur Rückseite des Gartens, an dessen Ende sich das Teehaus befindet.
Mehrere Steinlaternen schmücken den Garten:
Das Teehaus ist Stätte der Meditation (im Zen-Kontext würde sich die Tee-Zeremonie anbieten) und der Begegnung.
Gegeneinander versetzte Holzplanken und Steinblöcke ermöglichen dem Besucher, sich dem Wasserfall zu nähern und die Gartengestaltung mit ihren Stein- und Pflanzengruppen genauer zu erkunden.
Wasser in Bewegung ist ein wesentliches Element der Gartengestaltung in der Zengarten-Tradition.
Blick vom Teehaus über den Teich zurück zur Seebühne und zum Wartehaus, rechts der Wasserfall (hier nur an der Wasserbewegung sichtbar):
Das zentral in der Stadtmitte, nahe der Staatskanzlei gelegende Teehaus im Eingangsbereich des Englischen Gartens dient immer noch zu regelmäßigen Vorführungen der Zen-Teezeremonie. Es liegt auf einer kleinen, vom Eisbach umflossenen Insel. Das Teehaus mit seinem von Holzschindeln bedeckten Dach, das in früheren Zeiten vom Park aus zu betrachten war, ist nun praktisch vollständig zugewachsen und entzieht sich so dem Blick.
Leider mindern auch hier fortschreitende Verfallserscheinungen den Gesamteindruck: Der mit rohen Steinplatten bedeckte Zugangsweg wurde durch eine häßliche Metalreling eingefaßt, das traditionelle Portal über dem Zugangsweg wurde entfernt, und die kleine, rechts vom Zugangsweg gelegene Steingruppe, die im Zen-Stil innerhalb eines umgebenden Kiesfelds angeordet ist, fällt aufgrund der Verwahrlosung kaum noch ins Auge. Wie beim Japanischen Garten im Westpark wälzen sich auch hier Massen von desorientierten Touristen entlang, die mit dem äußerlich Dargebotenen nichts anzufangen wissen.
Hier nur einige Eindrücke, aufgenommen im herbstlichen Ambiente des Oktobers:
— Gerd-Lothar Reschke —
5./8.10.2020
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