Das Bauhaus in Dessau
Text und alle Fotos von
Gerd-Lothar Reschke
In unseren Tagen wirkt der Bauhaus-Stil wenig spektakulär, weil er zum Alltag wie selbstverständlich dazugehört. Wohnhäuser wie die nach Plänen von Walter Gropius errichteten Meisterhäuser sind inzwischen nicht nur häufig zu finden, sondern beherrschen geradezu den Baustil unserer Zeit, ja sie setzen sich sogar nach zwischenzeitlichen Wechseln zu Klassik, Postmoderne und dergleichen wieder vermehrt durch. Speziell wohlhabende Bauherren tendieren momentan wieder zu Bauhaus.
Eine kurze Erklärung, warum das so ist: Bauhaus ist nicht mehr "Moderne" (also ein letzlich vorübergehender Trend oder gar eine Mode), sondern Bauhaus ist zur zeitlosen Klassik geworden. Denn hier finden grundlegende Gesetzmäßigkeiten der Gestaltung Anwendung. Form follows function ist nur eine Kurzform der Beschreibung; im Grunde geht es um Lösungen, die sich dem natürlichen sowohl ästhetischen wie auch zweckorientierten Denken geradezu logisch zwingend aufdrängen.
Hauptgebäude (Bauhausplatz, Dessau):
Die besondere Anziehungskraft des Bauhausstils besteht in seiner Klarheit. Sowohl der äußere Eindruck als auch das Wohngefühl in den Innenräumen hat ein Ambiente von Frische, Leichtigkeit, ja Freiheit. Wohlproportionierte Bauhaus-Gestaltung erzeugt subtile Spannungsverhältnisse zwischen leeren Flächen und Durchbrüchen wie Fenstern oder Türen. Auch Stufen und Balkons manifestieren Rhythmus und Akzent. Was auf den ersten Blick ganz einfach und selbstverständlich erscheint, offenbart bei näherem Hinsehen subtiles Feingefühl und unaufdringliche Raffinesse.
Gerade weil dieser Stil so verbreitet ist, entgeht vielen der heutigen Beobachter dieser Architektur, wie revolutionär sie in den 1920er Jahren gewesen ist. Klassizismus, Jugendstil und barocke Verschnörkelungen aller Art, ob geschmackvoll oder nicht, und je mehr, desto besser, waren bis dato das einzig Vorstellbare gewesen. Bauhaus muß die damaligen Zeitgenossen erschüttert und entsetzt haben; so etwas muß nackt, ärmlich und plump gewirkt haben, sozusagen nur für "ganz arme Leute". Wo ist denn hier der Luxus, der spektakuläre und repräsentative Schauwert? Genau umgekehrt verhält es sich dagegen heute! Man sieht also, daß sich Stile nicht nur im Kreis drehen und alles wiederkehrt, sondern daß es Weiterentwicklung gibt.
Jedoch wird es schwerfallen, einen derart intelligenten und kraftvollen Stil noch zu übertreffen. Der aktuelle Trend bei Massenbauten wie Büro- und Kaufhäusern, alles nur noch mit Glasfassaden zu lösen, ist auf Dauer keine ernstzunehmende Konkurrenz.
Meisterhäuser (ca. 600m vom Hauptgebäude entfernt, in der Ebertallee):
— Gerd-Lothar Reschke —
ab 9.9.2020
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